Finanzdenken: Lektionen aus seinem einzigen Verlust im Optionshandel

Herzlich willkommen zu unserem heutigen Interview! Wir haben das große Vergnügen, mit unserem nächsten Gast sprechen zu können: Alexander Schmidt, der Gründer von Finanzdenken.de. Alexander ist nicht nur ein erfahrener Betriebswirt, sondern auch ein passionierter Investor und Experte im Bereich des Optionshandels. Seine beeindruckende Reise begann mit einem einfachen ETF-Sparplan. Diesen entwickelte er schließlich zu einer umfassenden Strategie, die auf Dividendenaktien und dem Aufbau eines passiven Einkommens basiert. In Form seiner Website, seines Lernkurses sowie des neue Buchs zum Thema Optionshandel teilt er sein wertvolles Wissen und seine Erfahrungen, um anderen zu helfen, ihre finanziellen Ziele zu erreichen.

finanzdenken interview

In unserem Gespräch werden wir tiefer in Alexanders Ansatz zum Optionshandel eintauchen und seine Strategien sowie Erkenntnisse erkunden. Dabei werden wir herausfinden, wie er die Herausforderungen und Chancen auf den Finanzmärkten meistert.

Inhaltsverzeichnis

Finanzdenken Interview

Mit Finanzdenken von der Betriebswirtschaftslehre zum Optionshandel

ezzy: Du hast eine beeindruckende Erfahrung im Bereich der Betriebswirtschaftslehre. Wie hat dieses Wissen deinen Ansatz im Optionshandel beeinflusst?

Alexander: Meine Ausbildung zum Industriekaufmann, der anschließende Bachelor-Studiengang und die langjährige Erfahrung in den verschiedenen Bereichen mehrerer Unternehmen haben mir bereits sehr früh gezeigt, wie wichtig Kennzahlen sind. 

Besonders die Abteilungen Buchhaltung/Controlling zeigen, ob ein Unternehmen wirtschaftlich handelt. Als Optionshändler muss man ebenfalls auf die richtigen Kennzahlen achten und sich ständig selbst kontrollieren sowie seine Ergebnisse nachhalten. Das ist ein wichtiger Teil bei der Suche nach der für sich passenden Strategie sowie beim Risikomanagement.

ezzy: Du hast 2017 mit einem ETF-Sparplan begonnen. Wie hat sich dein Investmentansatz, insbesondere im Hinblick auf den Optionshandel, seither entwickelt?

Alexander: Leider habe ich erst mit Mitte 20 und damit schon relativ spät gemerkt, wie wichtig ein eigenes Finanzdenken ist. Der ETF-Sparplan bildet bis heute meine Basis. Dann kam eine kurze Trading-Phase, die aber mit der ersten erhaltenen Dividende endete. 

Ich war vom Cashflow begeistert. Denn nur der Cashflow bezahlt die eigenen Rechnungen, keine Buchgewinne. Das ist in Unternehmen so und auch bei jedem privat. Auf der Suche nach weiteren Möglichkeiten, meinen Cashflow zu erhöhen, landete ich dann beim Optionshandel. Hier habe ich mich 2019 in überwiegend US-amerikanischen Foren eingelesen und Learning by Doing betrieben.

Alexanders Tipp für Einsteiger:
"Nicht gierig werden und immer die Margin im Blick haben! Lieber langsam anfangen und erstmal die Grundlagen verstehen."
ezzy: Welche wichtige Lektion hast du in deiner Anfangszeit als Investor und im Finanzdenken generell gelernt, die du auch neuen Optionshändlern mitgeben würdest?

Alexander: Nicht gierig werden und immer die Margin im Blick haben! Da ich mit meiner Internetseite und auf Instagram als einer der wenigen im Bereich des Optionshandels tätig war, erhielt ich auch viele Fragen hierzu.

Einige frische Optionshändler wurden im Jahr 2020 gierig, nachdem beinahe alle Aktien anstiegen. Sie handelten zum einen die falschen Basiswerte (nur Hype und Trendaktien wegen der hohen Prämie), zum anderen haben sie den kraftvollen Hebel der Margin nicht verstanden und das Konto vor die Wand gefahren. Viele dieser Instagram-Accounts waren 2021 schon wieder verschwunden. Also lieber langsam anfangen und erstmal die Grundlagen verstehen.

Finanzdenken & ETF-Sparplan

Dividendenaktien im Optionshandel nutzen

ezzy: Du hast verschiedene Anlagestrategien ausprobiert, bevor du dich auf Dividendenaktien konzentriert hast. Welche Strategien findest du im Optionshandel besonders effektiv?

Alexander: Beim Optionshandel bin ich meist als Stillhalter aktiv. Diese Strategie ist in meinen Augen die einfachste und effektivste Form für kontinuierlichen Cashflow. Der statistische Vorteil, der für mich bereits bekannten Dividendenaktien als Basiswerte und der akzeptable Zeitaufwand sind hierfür weitere Gründe. Ein weiterer Vorteil der Stillhaltergeschäfte ist die Kombination mit der Dividendenstrategie. Die Wheel-Strategie ist ebenfalls ein häufiges Instrument, wenn ich einen Aktienkurs für attraktiv halte.

Alexander über Prämien und Sicherheiten:
"Prämien sind bei Dividendenwerten in der Regel niedriger. Das gilt jedoch auch für das Risiko. Mit dieser Vorgehensweise fühle ich mich persönlich wohl. Ich bezahle die höhere Sicherheit gerne mit Rendite."
ezzy: Dein Schwerpunkt liegt auf Unternehmen mit starker Dividendenpolitik. Wie integrierst du diese Präferenz in deine Optionshandelsstrategien?

Alexander: Ich lasse mir gelegentlich bewusst Dividendenwerte via Short Put einbuchen, wenn ich sie vom Kurs her attraktiv finde. Zum einen gehe ich dann davon aus, dass ich sie zu einem höheren Kurs wieder via Covered Call zu einem höheren Kurs ausbuchen lassen kann (Wheel-Strategie). Während dieser Zeit erhalte ich fortlaufend die Dividenden. 

Das hat zudem den schönen Nebeneffekt, dass mein Geld nicht komplett ungenutzt herumliegt, sondern es effektiv arbeiten kann. Der Vorteil dieser Vorgehensweise liegt bereits in meinem Vorwissen über viele Dividendenaktien, die ich aufgrund meines separaten Dividendendepots habe. Die Prämien sind bei Dividendenwerten in der Regel niedriger, jedoch auch das Risiko. Mit dieser Vorgehensweise fühle ich mich persönlich ganz wohl und bezahle die höhere Sicherheit gerne mit Rendite.

Passives Einkommen durch Dividendendepot und Optionshandel

ezzy: Du strebst finanzielle Unabhängigkeit durch passives Einkommen an. Wie unterstützt der Optionshandel dieses Ziel?

Alexander: Mein Dividendendepot wird monatlich und automatisiert via Sparplänen bespart. Das läuft alles ganz passiv ab und es kommen immer mehr Dividenden zurück. Das Ziel ist es, dass mir dieses passive Einkommen zukünftig meine monatlichen Fixkosten decken wird. Das wird allerdings noch viele Jahre dauern. Beim Optionsdepot mag ich den aktiven Ansatz und habe schnell herausgefunden, dass ich hier deutlich mehr Cashflow erzielen kann. Bisher habe ich nahezu jeden Monat mehr Cashflow aus dem Optionsdepot erzielt als aus meinem Dividendendepot. Der Unterschied liegt darin, dass mein Optionsdepot nicht einmal halb so groß ist wie mein Dividendendepot. Das zeigt mir, wie mächtig der Optionshandel ist.

Das Optionsdepot wächst nur aus sich heraus und ich zahle hier kein Geld ein. Das liegt unter anderem auch an einem „Projekt“ von mir (worüber ich auf meiner Seite transparent halbjährlich berichte). Denn ich habe einen Kredit in Höhe von 15.000 € aufgenommen und in mein Optionsdepot gesteckt. Bitte nicht nachmachen! Bisher geht die Rechnung allerdings auf und sowohl die Zinsen als auch ein Teil des Darlehens habe ich durch die Gewinne gedeckt. Langfristig ist es mein Ziel, mein Optionsdepot bis auf 100.000 € zu handeln und mir den daraus entstehenden Cashflow auszahlen zu lassen.

ezzy: Welche Rolle spielt der Zinseszinseffekt in deiner langfristigen Finanzplanung, insbesondere beim Optionshandel?

Alexander: Beim Dividendendepot werden die Dividenden derzeit noch reinvestiert. So lange ich die Dividenden nicht benötige, wird das auch so bleiben. Hier kann der Zinseszinseffekt also wirken. Beim Optionshandel entnehme ich ebenfalls kein Geld, bis ich mein gestecktes Ziel von 100.000 € erreicht habe. Alle Prämien, gewinnbringenden Verkäufe und Dividenden bleiben also im Optionsdepot und auch hier wirkt der Zinseszins. Zukünftig kann ich mir zudem gut vorstellen, regelmäßig Geld einzuzahlen, weil der Optionshandel im direkten Vergleich zum Dividendendepot lukrativer ist. Für diese höhere Rendite muss ich jedoch auch Zeit aufbringen können.

Learnings im Finanzdenken, erste Schritte und Alexanders Lernkurs

ezzy: Was motiviert dich, dein Wissen über den Optionshandel durch deinen Lernkurs zu teilen?  Was können Teilnehmer von diesem Kurs erwarten?

Alexander: Da ich auf Instagram schon lange mit meinem Finanzdenken-Account aktiv bin, kriege ich relativ gut mit, wie viele Aktionäre die Dividendenstrategie verfolgen. Jeder, der auf der Suche nach weiteren Einkommensquellen ist, könnte beim Optionshandel fündig werden. Ich musste mir das Wissen mühselig aus den USA holen und bin auch eher zufällig darauf gestoßen.

Mein Ziel ist es, den Optionshandel in Deutschland bekannter zu machen. Hierfür gebe ich immer wieder kostenfreie Infos via Finanzdenken.de oder Instagram preis. Da mich aber immer noch so viele Fragen erreicht haben, wollte ich ein großes Lernvideo für alle entwerfen. Hierin sind meine Learnings, die Antworten auf vielen Fragen aus der Community, Risikomanagement, Vorgehensweisen, eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für die erste Option etc. enthalten. So einen Lernkurs hätte ich mir selbst gerne am Anfang gewünscht. Denn es hätte mir sehr viel Zeit und Lehrgeld erspart. Ganz aktuell habe ich Anfang 2024 auch ein Buch („Finanzdenken für Optionshändler“) veröffentlicht. Hierin sind noch einmal andere Beispiele enthalten und Themen wie Markteinschätzung, Watchlisten und Risikominimierung werden näher beleuchtet.

Alexander über die Börse:
"Keine Emotionen, sondern stets rationale Entscheidungen!
ezzy: Welche Herausforderungen und häufigen Fehler sollten neue Optionshändler vermeiden und wie können sie das tun?

Alexander: Die allgemeinen Regeln auf dem Börsenparkett sollten im Idealfall vorher bekannt sein. Das heißt, keine Emotionen, sondern stets rationale Entscheidungen treffen! Den Markt ein wenig lesen zu können und schon einige Trades ausgeführt zu haben, ist von Vorteil. Die größten Herausforderungen werden die Margin, die hohen Summen (1 Kontrakt = 100 Aktien) und die Handelsplattform TWS sein. Ich persönlich würde zum Margin-Konto raten, denn es bietet viel mehr Handlungsspielraum. Man kann ja trotzdem anfangs nur so viele Trades eingehen, wie mit dem eigenen Cash gedeckt wären (also Cash-secured handeln).

Mit der Zeit verliert man auch etwas die Angst vor hohen Summen, denn eine Option mit einem Kontrakt auf bspw. Realty Income kostet in etwa 5.000 $. Hier muss die Positionsgröße zum eigenen Kapital passen, was ein Regelwerk und/oder Übung erfordert. Die TWS lernt man leider auch nur durch Learning By Doing oder aber man erwirbt einen kostengünstigen Lernkurs bzw. ein Buch hierzu ;-).

Leider ist die TWS anfangs unübersichtlich und abschreckend. Aus vielen Unterhaltungen mit anderen Optionshändlern weiß ich, dass wirklich jeder mindestens einen Trade falsch oder aus Versehen gemacht hat (Kauf statt Verkauf oder Call statt Put). Dieser Fehler kann sehr teuer und schmerzhaft sein. Deswegen ist es tatsächlich ratsam, die Bilder der TWS schon einmal gesehen oder eine Schritt-Für-Schritt-Anleitung zu haben

Verluste & Learnings im Finanzdenken

Verluste und die aktuelle wirtschaftliche Lage

ezzy: Wie gehst du mit Verlusten im Optionshandel um und wie behältst du dabei eine positive Einstellung?

Alexander: Vorab muss gesagt werden, dass Verluste genauso zum Finanzdenken und insbesondere zum Optionshandel gehören wie Gewinne. Ich habe auch schon ein Jahr im Minus geschlossen, denn ich habe mein eigenes Regelwerk ignoriert. Ich habe keine Dividendenaktien als Basiswerte gewählt, sondern stellenweise Trend-/Hype-Aktien, weil die Prämien so attraktiv waren. Das ist ein Fehler, den ich bereits zuvor erwähnt habe und den ich nie wieder machen werde. Aus Fehlern zu lernen, gehört ebenfalls zum Geschäft eines Optionshändler. Der Fehler war zwar ärgerlich, aber ich habe daraus gelernt und ich wusste sofort, wieso er passiert ist und wie er mir nie wieder passiert. Aus diesem Grund ist ein Regelwerk wichtig und man muss sich strikt daran halten. Zum einen hat mich dieses Bewusstsein positiv gestimmt, zum anderen hat das Wissen, dass ich den Verlust zügig wieder ausgleichen kann, ebenfalls geholfen.

ezzy: Wie passt du deine Optionshandelsstrategien angesichts der aktuellen Wirtschaftslage an?

Alexander: Konflikte, Inflation, politische Unsicherheiten usw. verursachen rational gesehen sinkende Aktienkurse. Aber an der Börse ist 2+2 niemals 4, sondern 5-1 (Zitat André Kostolany). Bei meinem langfristig angelegten Dividendendepot sind kurzfristige Schwankungen egal. Doch beim Optionshandel sind Ausschläge nach unten oder oben wichtig. Aus diesem Grund habe ich im Jahr 2023 sehr defensiv gehandelt, weil ich ständig mit einem größeren Rücksetzer gerechnet habe – ebenso wie die meisten Fondsmanager und Analysten, die für 2023 weltweite Rezessionen vorhergesagt haben.

Aber es kam anders und das Jahr 2023 war ein sehr positives Börsenjahr. Die Margin ist mein ständiger Gradmesser zur aktuellen Risikoeinschätzung. Wenn ich persönlich von sinkenden Kursen ausgehe, dann handle ich etwas weniger und beanspruche die Margin weniger. Im Fall eines größeren und ruckartigen Kursverlustes werde ich somit nicht in zu viele unangenehme Situationen gebracht und muss notgedrungen reagieren.

Finanzdenken in der Zukunft

ezzy: Welche Zukunftstrends wie Künstliche Intelligenz oder Blockchain siehst du im Optionshandel als besonders vielversprechend an?

Alexander: Generell halte ich von Trends nicht viel, sodass ich hier keine Basiswerte auf potenzielle Gewinner handeln würde. Der kleine Marktteilnehmer verliert bei Trend-/Hype-Aktien in der Regel und es überwiegen eher emotionale statt rationale Entscheidungen. Das habe ich – wie zuvor beschrieben – selbst bereits gespürt und es hat mir im Optionshandel meinen bisher einzigen Verlust beschert. Damals waren die Trends Wasserstoff, dann Betäubungsmittel, dann Elektroautos, dann „grüne“ Aktien und jetzt ist es KI und Blockchain. Für Nicht-Insider ist es sehr schwer, hier das nächste „Amazon“ oder „Apple“ herauszufinden und dabei zu bleiben.

Alexander abschließend über seinen persönlichen Ansatz:
"Mein Ansatz in puncto Finanzdenken liegt bei langweiligen Dividendenaktien, die schon seit über 50 Jahren kontinuierliche Gewinne erzielen und es voraussichtlich auch noch viele weitere Jahre machen werden. Wie immer geht Risiko mit Rendite einher und so fühle ich mich am wohlsten."

ezzy: Wir bedanken uns herzlich bei Alexander Schmidt für dieses interessante Interview. Wir hoffen, dass unsere Leser genauso viel von diesen Gesprächen profitieren wie wir und freuen uns auf weitere inspirierende Begegnungen mit Experten aus verschiedenen Bereichen. 

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