Prämien kassieren
wie eine Versicherung

Regelmäßiges Einkommen wie eine Versicherung:
Mit Put-Optionen unabhängig von
Marktschwankungen verdienen.

So geht es:

Versicherungen schützen das Hab und Gut ihrer Kunden und kassieren dafür Jahr für Jahr Prämien. Auch wenn es immer wieder zu Schadensfällen kommt, bleibt unter dem Strich ein Gewinn übrig – die Versicherung kalkuliert ihre Risiken schließlich mehr als genau. Wie schön wäre es, wenn man als Anleger auch regelmäßige Einnahmen auf das eigene Kapital generieren könnte und zwar unabhängig vom Auf und Ab an den Märkten? Die gute Nachricht: Wir alle können eine “Ein-Mann-Versicherung” starten. Der nachfolgende Beitrag zeigt, wie das Ganze funktioniert und warum der Verkauf von Put-Optionen eine hervorragende Einkommensstrategie darstellt.

Das Versicherungsgeschäft als Vorbild

Ein Versicherungskonzern verdient sein Geld durch die Übernahme unterschiedlicher Risiken der Versicherungsnehmer im Austausch gegen eine regelmäßige Prämienzahlung. Ein konkretes Beispiel ist die Versicherung eines Gebäudes gegen Feuer- und Elementarschäden wie Blitz und Hagel. In der Praxis könnte ein Geschäftsjahr des Unternehmens vereinfacht wie folgt aussehen:

Versicherung hat 10.000 Gebäude versichert (gesamter Gegenwert ca. 500 Mio. Euro)
Pro Gebäude im Durchschnitt 1.000 Euro jährliche Prämie
Summe: 10 Mio. Euro Prämieneinnahmen (4% des versicherten Gebäudewerts)

Die Einnahmeseite ist natürlich nur eine Seite des Geschäfts, schließlich muss die Versicherung hin und wieder auch tief in die Tasche greifen – zum Beispiel wenn es zu einer Flutkatastrophe kommt. Wenn wir annehmen, dass in einem beliebigen Versicherungsjahr 3 Mio. Euro an Schadenssumme zusammenkommen, ergibt sich bei diesem Beispiel (ohne Berücksichtigung von anderen Kosten wie Personal usw.) ein Gewinn von 7 Mio. Euro.

Selbstverständlich muss eine Versicherung ihre Risiken bestens kennen, um die korrekte Prämienhöhe festzulegen und langfristig Gewinn zu erwirtschaften. Kalkuliert die Versicherung nämlich mit zu geringen Prämien, kann ihre Existenz auf dem Spiel stehen, sollten die Schadenszahlungen zu hoch ausfallen. Im konkreten Fall muss das Unternehmen also das potenzielle Risiko von Naturkatastrophen (deren Wahrscheinlichkeit und finanzielle Auswirkung) in der jeweiligen Region kennen. Ebenso muss sie vorab prüfen, in welchem Zustand sich die Versicherungsobjekte befinden. Handelt es sich um Wohn- oder ein Gewerbeobjekte? Wie ist der Zustand der Wasserleitungen und der gesamten Elektrik usw.?

Risiken, die die Versicherung selbst gegen hohe Prämienzahlungen nicht auf ihre Bücher nehmen möchte, versichert sie erst gar nicht oder aber sie transferiert sie – wiederum gegen eine Prämienzahlung – an andere Versicherungen (sog. Rückversicherer). Damit geht ein Teil der Prämieneinnahmen zwar für den Risikotransfer drauf, dafür reduziert die Versicherung aber ihr Gesamtrisiko. Am Ende müssen die Prämien langfristig über den Schadenszahlungen liegen, ansonsten ist die Versicherung nicht überlebensfähig*.

Optionsprämien kassieren

*Zwar gibt es im Versicherungsgeschäft neben der Hauptgewinnquelle auch noch eine weitere – nämlich die Einnahmen, die die Versicherung aus der Anlage der Prämien generiert – diese sollen an dieser Stelle allerdings aus Vereinfachungsgründen keine Rolle spielen.

Übertrag des Geschäftsmodells auf die Börse

Wie können wir als Privatanleger genau dieses Geschäftsmodell auf den Börsenhandel übertragen? Eine Versicherungsgesellschaft wollen und dürfen wir ohnehin nicht gründen, aber wir können auf die gleiche Art und Weise Geld verdienen, indem wir sogenannte Put-Optionen verkaufen und dafür Prämien kassieren. 

Bevor wir in die Details einsteigen, zunächst einmal eine kurze Erläuterung, was sich hinter einer Option verbirgt: Optionen sind standardisierte und börsengehandelte Derivate, die bestimmte Rechte und Pflichten sowohl für den Käufer als auch den Verkäufer verbriefen. Gehandelt werden solche Optionen v.a. an Optionsbörsen in den USA oder an der Eurex in Deutschland. Um bei unserem Versicherungsvergleich zu bleiben, konzentrieren wir uns in diesem Beitrag einzig und allein auf sogenannte Put-Optionen. Der Käufer einer Put-Option hat das Recht, den der Option zugrundeliegenden Vermögenswert (z.B. eine Aktie) an den Put-Verkäufer innerhalb einer bestimmten Laufzeit zu einem vorher definierten Kurs zu verkaufen**.

**Wir konzentrieren uns hierbei auf Optionen amerikanischer Ausübungsart. Hier kann der Optionskäufer die Option theoretisch jederzeit vorzeitig ausüben, in der Praxis geschieht dies in der Regel aber nur, wenn die Option tief im Geld steht und kurz vor dem Verfallsdatum steht.

 

Optionsausübung
Wann kann ausgeübt werden?
Amerikanische Art
Während der Laufzeit
Europäische Art
Nur am Laufzeitende

Abb. 1) Unterschiede in der Optionsausübung

Anstatt Gebäude oder Autos gegen Schäden zu versichern, bieten Put-Verkäufer anderen Marktteilnehmern (den Put-Käufern), die ihre Aktien gegen einen Kursverfall absichern wollen, also eine Art Versicherung an und kassieren dafür eine Prämie für die Risikoübernahme. Schauen wir uns dazu folgendes Beispiel an:

Anleger A hat 100 XYZ Aktien im Depot, die bei 100 USD notieren. Er möchte sich gegen einen Kursrückgang unter 90 USD absichern, was in der Versicherungswelt einer Selbstbeteiligung von 10% vom Versicherungswert entsprechen würde. Oder vereinfacht ausgedrückt: Die ersten zehn Prozent Kursverlust der Aktie trägt der Anleger A allein, alles darunter möchte er absichern. 

Genau das kann er mit dem Kauf eines Puts mit einem sogenannten Strike bei 90 USD machen. 

Dafür zahlt er bei einer bestimmten Laufzeit der Option (entspricht der Versicherungsdauer) pro Aktie z.B. 2 USD, also insgesamt 200 USD. Diese 200 USD pro Aktie bekommt der Verkäufer der Put-Option als Prämie und darf diese unabhängig vom Ausgang behalten. Da das Risiko besteht, die XYZ Aktie erwerben zu müssen (man spricht hierbei von sog. Andienung), muss der Put-Verkäufer das dafür notwendige Kapital in Höhe von 10.000 USD auf seinem Brokerkonto bereithalten – also ähnlich wie die Versicherung, die Kapital vorhält, um bei Schäden zahlen zu können***.

***Hierbei konzentrieren wir uns auf den Handel ohne Margin, daher der Begriff “Cash Secured Puts”.

Ab dem Verkauf des Puts läuft die Zeit für den Stillhalter, denn der Zeitwert der Option nimmt Tag für Tag ab. Bleibt die Aktie bis zum Verfallsdatum oberhalb des Strikes, verfällt die Put-Option wertlos und der Stillhalter kann das bis dato gebundene Kapital für einen neuen Put-Verkauf nutzen. So könnte er etwa 12 mal im Jahr einen Put auf Aktien mit jeweils einer Laufzeit von rund 30 Tagen verkaufen und jeweils eine Prämie einkassieren.

Optimal-Szenario

Abb. 2) Optimal-Szenario: Aktie im Aufwärts-trend und laufende Einnahmen durch Verkauf von Put-Optionen

Das Ziel des Put-Verkäufers ist natürlich, dass der “Schadensfall”, also der Kursrückgang der Aktie unter den Strike von 90 USD nicht zum Ende der Laufzeit eintritt – also analog zur Versicherung, die darauf hofft, dass die meisten Gebäude nicht Feuer, Flut oder anderen Schäden zum Opfer fallen. Solange die Aktie also oberhalb des Strikes notiert oder sogar steigt, macht der Put-Verkäufer nichts außer abwarten – aus diesem Grund werden Optionsverkäufer auch Stillhalter genannt. Bei der Preisgestaltung des Put-Preises (also der Prämienhöhe) orientiert sich der Optionsverkäufer am Risiko des jeweiligen Geschäfts: Je volatiler die Aktie und je länger die Versicherungsdauer, desto teurer der Versicherungsschutz, d.h. desto höher fällt die Prämie aus. Analog zum Versicherungsgeschäft, wo die Vereinbarung eines Selbstbehalts die Prämie reduziert, ist auch beim Put-Verkauf darüber hinaus der Abstand des Aktienkurses zum vereinbarten Strike ein zentraler Faktor bei der Bepreisung des Puts.

Um beim konkreten Beispiel zu bleiben: Notiert die Aktie bei 100 USD, wäre ein Put mit einem Strike von 80 USD natürlich günstiger als ein Put mit einem Strike von 90 USD, weil auch die Wahrscheinlichkeit des größeren Kursabsturzes bei der Aktie geringer ist. Grundsätzlich ist es natürlich ratsam, Puts nur auf solche Aktien zu schreiben (zu verkaufen), die man als solide einstuft und welche man – im Falle einer Andienung – auch wirklich im Depot halten möchte. Charttechnische Unterstützungslevels helfen gleichzeitig, die Wahl des Strikes zu optimieren. Die Versicherung macht es ja nicht anders: Auch sie möchte keine Gebäude versichern, die im Erdbebengebiet oder in der Nähe eines Flusses stehen.

Abb. 3) Versicherer streuen ihr Risiko auf viele Immobilien, Stillhalter streuen das Risiko auf viele Aktien

Ebenso wichtig ist es, für eine ausreichende Diversifikation zu sorgen, d.h. das eigene Kapital auf mehrere Puts zu verteilen. Konzentriert man sich auf Aktien, so sollte auf eine ausreichende Mischung von Aktien aus unterschiedlichen Branchen geachtet werden, um im Falle der Andienung kein Klumpenrisiko ins Depot zu holen. Eine Versicherung möchte schließlich auch nicht nur Sportwagen in Berlin versichern, sondern unterschiedliche Vermögenswerte in möglichst vielen unterschiedlichen Regionen bzw. Ländern versichern.

Abbildung 4 zeigt den Vergleich zwischen dem Versicherungsgeschäft und der Prämienstrategie, die im Fachjargon übrigens “Cash Secured Puts” genannt wird.

Versicherung 
Prämienstrategie
 
Versichertes ObjektImmobilieUnderlying
100 XYZ Aktien (Kurs 100 USD)
Versicherungsdauer12 MonateZeit bis zum Verfallsterminca. 1 Monat
Versicherungswert250.000 USDStrike Preis90 USD
Selbstbehalt1.000 USDStrike-Abstand vom aktuellen Kurs
10% (Aktie notierte bei 100 USD als der Put mit Strike 90 USD verkauft wurde)
Versicherungsprämie500 USDOptionsprämie200 USD
Gewinnwahrscheinlichkeit90%Gewinnwahrscheinlichkeit (Delta)90%
SzenarienSchadensfall tritt ein: Schadenssumme auszahlen
Schadensfall tritt nicht ein: keine Auszahlung, Prämie einbehalten
Szenarien
Aktie fällt kurz vor/am Verfallsdatum unter den Strike: Stillhalter muss 100 XYZ Aktien des Put-Käufers zu 90 USD abkaufen (Andienung)
Aktie notiert am Verfallsdatum über dem Strike: Put-Option verfällt wertlos, Prämie = Gewinn für den Stillhalter
RückversicherungAbschluss einer Versicherung bei Drittpartei, um sich gegen katastrophale Risiken abzusichern (Erdbeben usw.)Hedging
Kauf von Puts auf die XYZ Aktie mit Strike deutlich unter 90 USD, um sich vor massiven Verlusten zu schützen

Abb. 4) Vergleich Geschäftsmodell einer Versicherung vs. Prämienstrategie

Prämien – die bessere Dividende

Nachdem wir aufzeigt haben, wie eng verwandt die beiden Geschäftsmodelle sind und wie man als Stillhalter Geld verdienen kann, möchten wir nun auf die konkreten Vorteile der Prämienstrategie eingehen. Der zentrale Vorteil ist die Tatsache, dass man als Put-Verkäufer einen mathematischen Vorteil auf seiner Seite hat, weil die Mehrzahl der Put-Optionen nachweislich wertlos verfällt – genau das, worauf Stillhalter ja setzen. Je nach Höhe der eingepreisten (impliziten) Marktvolatilität und der zugrundeliegenden Aktie lassen sich durch das regelmäßige Schreiben von Puts attraktive Renditen bei überschaubarem Risiko erzielen. Abbildung 2 zeigt eine Auswahl unterschiedlicher Aktien und der Renditen, die Stillhalter am 10. Februar 2023 einsammeln können. Wir haben hierbei Puts ausgewählt, die eine Laufzeit von 25 Tagen aufweisen und jeweils einen Strike, der einen soliden Puffer zum aktuellen Aktienkurs aufweist.

Aktie

Aktueller Aktienkurs

Strike des Puts

Laufzeit des Puts

Prämie je 100 Aktien

Rendite p.a.

AMZN

98,06 USD

89 USD

25 Tage

130 USD

20,8%

GOOGL

95,23 USD

86 USD

25 Tage

100 USD

16,5%

MMM

114,28 USD

106 USD

25 Tage

115 USD

15,4%

Abb. 5) Beispiele für Puts mit Laufzeit von 25 Tagen

Wie wird die Rendite p.a. berechnet?
Die Rendite p.a. wird folgendermaßen berechnet: Die Optionsprämie wird durch den Strikepreis geteilt, somit erhält man im ersten Schritt die Rendite für die Laufzeit der Put-Option. Im zweiten Schritt wird die Rendite durch die Laufzeit geteilt, wodurch man die Rendite pro Tag erhält. Anschließend wird auf ein Jahr hochgerechnet. Ganz grob könnte man die Rendite für 30 Tage Laufzeit einfach mit 12 (für 12 Monate) multiplizieren.

Die exemplarisch gewählten Aktien in der obigen Tabelle liefern attraktive Prämien, die bei einer annualisierten Betrachtung Renditen zwischen 15% und fast 21% erreichen.****

**** Die hier gezeigten Renditen dienen nur der Orientierung, schließlich ändert sich die implizite Volatilität, außerdem wird hier die ständige Vollinvestition des Kapitals angenommen.

In Zeiten höherer Volatilität – wenn der Aktienmarkt sehr stark schwankt und vor allem nachdem er zuvor stark gefallen ist – sind die Prämien (und damit auch die realisierbaren Renditen) deutlich höher, allerdings ist die Gefahr, dass die Aktien unter den Strike fallen, eben auch erhöht.

Im Vergleich zu einer reinen Dividendenstrategie, die seit Jahren eine immer größere Fangemeinde aufweist, können Anleger mit der Prämienstrategie höhere Renditen kassieren und das bei weniger Schwankungen gegenüber einem Buy-and-Hold-Investment. Was oftmals vergessen wird, ist nämlich die Tatsache, dass die Aktienmärkte gerne auch Jahre, manchmal sogar Jahrzehnte seitwärts laufen können – passive Anleger schauen dann in die Röhre. Auch stellen hohe Dividendenrenditen keinerlei Sicherheit dar, schließlich können diese gekürzt oder komplett gestrichen werden. Auch gegen starke Kursverluste einer Aktie bieten Dividenden keinen ausreichenden Puffer. Mit dem Verkauf von Optionen – der Prämienstrategie – erhalten Anleger regelmäßige Einnahmen, die deutlich über der Dividendenrendite liegen. Dafür braucht es keinen Bullenmarkt, es reicht bereits, dass die Aktie seitwärts oder leicht abwärts läuft. Genau dann nämlich verfallen die meisten Puts und die Stillhalter, die diese verkaufen, sind die Gewinner.

Weniger Risiken als ein Direktinvestment

Natürlich ist auch die Prämienstragie – also der Verkauf von Put-Optionen – nicht risikofrei, denn hin und wieder müssen Put-Verkäufer die Aktien der Gegenpartei zum vereinbarten Preis (Strike) kaufen und haben dann eine normale Aktienposition im Depot, sofern sie den Put nicht “rollen” (wie das funktioniert, erklären wir in den Folgeartikeln). Schlechter als sein Direktinvestment ist die Andienung aber nie, schließlich reduziert die vorher vereinnahme Prämie den Kaufpreis für die Aktie. Wie im echten Versicherungsgeschäft auch, können Put-Verkäufer ebenso (einen Teil der) Risiken an externe Parteien weiterübertragen oder aber bereits vor Ende des Verfallsdatums bereits Gewinne mitnehmen, was häufig Sinn macht. Eines steht aber von Anfang an fest: der maximale Gewinn des Put-Verkäufers ist die vereinnahmte Prämie. Aus diesem Grund ist die Prämienstrategien in einem dynamischen Bullenmarkt logischerweise nicht die renditeträchtigste Strategie. Im Vergleich zum Direktinvestment ist das Risiko eines Stillhalters bei Put-Optionen aber nie höher, weil er eine Prämie vereinnahmt.

Fazit

Anleger, die attraktive und vor allem regelmäßige Einnahmen auf ihr Kapital erhalten möchten, sind bei der Prämienstrategie – im Fachjargon als Cash Secured Puts bekannt – genau richtig. Durch den Verkauf von Puts auf Qualitätsaktien profitieren Stillhalter vom Zeitwertverfall und streichen damit z.B. alle paar Wochen Prämien ein. Im Vergleich zum Dividendeninvestieren bietet die Prämienstrategie ein geringeres Risiko und ermöglicht gleichzeitig höhere Ausschüttungen. Wie man solch eine Prämienstrategie in der Praxis umsetzt und worauf es beim Handel ankommt, werden wir in den nächsten Beiträgen erläutern.

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