ezzy » Optionshandel » Das Black-Scholes-Modell und seine Bedeutung im Optionshandel
Das Black-Scholes-Modell ist eine der bekanntesten und am häufigsten verwendeten Methoden zur Bewertung von Optionen. Es wurde von Fischer Black und Myron Scholes im Jahr 1973 entwickelt und hat die Art und Weise, wie Anleger Optionen bewerten und handeln, revolutioniert.
Seit seiner initialen Formulierung in den 1970ern hat das Modell kleinere, unwesentliche Anpassungen erfahren. Es wurde letztlich als derart relevant befunden, dass dafür 1997 der Wirtschaftsnobelpreis verliehen wurde.
Das Black-Scholes-Modell ist ein geschlossenes mathematisches Modell, das die theoretische Fair-Value-Bewertung einer europäischen Call- oder Put-Option liefert. Dabei berücksichtigt das Modell die Wirkung von Volatilität, Laufzeit, Basispreis und Zinssatz auf den Optionspreis. Es geht davon aus, dass der Vermögenswert keine Dividenden zahlt und dass der Markt effizient ist.
Das Modell verwendet man am häufigsten zur Bewertung von Optionen auf Aktien und Indizes. Man kann es allerdings ebenso auf andere Vermögenswerte wie Rohstoffe und Währungen anwenden.
Mit dem Black-Scholes-Modell können wir vor allem zwei wichtige Größen im Optionshandel direkt berechnen:
Die folgende Abbildung zeigt die beiden wesentlichen Preisformeln des Black-Scholes-Modells.
In der Praxis löst man die Preisformel (außer vielleicht an der Uni…) nicht händisch. Es gibt zahlreiche Onlinerechner, die dir nach Eingabe der Eingangsparameter den theoretischen Optionspreis sowie die Griechen ausrechnen. Hier sind einige Beispiele:
Beispielhafte Optionspreisrechner
Die Griechen kann man mit der Black-Scholes-Formel recht leicht berechnen, und zwar indem man die Formel nach dem jeweiligen Griechen partiell ableitet.
Das Delta ist der wohl wichtigste „Grieche“ im Optionshandel. Er ist leicht zu verstehen und kann dem Anleger wichtige Hinweise im Hinblick auf die Ausübungswahrscheinlichkeit seiner Option liefern. Das Delta Δ beschreibt die Preisveränderung einer Option, wenn sich der Preis des Basiswertes um eine Einheit (z. B. 1 $) ändert. Ein Delta von +0,5 bedeutet beispielsweise, dass der Preis der Option um +50 Cent steigt, wenn der Preis des zugrundeliegenden Wertpapiers um +1$ steigt.
Um das Delta zu bestimmen, leitet man die Black-Scholes-Preisformel nach dem Parameter aktueller Kurs des Basiswertes ab.
Daraus ergibt sich mathematisch ausgedrückt die Änderung des Optionspreises in Abhängigkeit von der Änderung des Kurs des Basiswertes, was exakt der Definition des Deltas entspricht.
In der Praxis führst du diese Berechnung natürlich nicht händisch durch, sondern automatisch durch dein Handelssystem, das dir schlicht das Ergebnis zeigt. Nun weißt du auch, wie dein Broker die Griechen in der Handelsoberfläche berechnet: Er nutzt das Black-Scholes-Modell.
Im Unterschied zu den Optionsgriechen, kann die für den Optionshandel ebenfalls sehr wichtige implizite Volatilität nicht durch Ableiten oder Umstellen aus dem Black-Scholes-Modell berechnet werden.
Die implizite Volatilität (kurz: IV) ist zukunftsgerichtet und die wohl relevanteste Risikokennzahl im Optionshandel. Sie drückt die zukünftig erwartete Schwankungsbreite des Basiswertes aus – genauer gesagt: die vom Markt während der verbleibenden Optionslaufzeit noch erwartete Schwankungsbreite. Da eine Option wie eine „Versicherung gegen Kursrisiken“ wirkt, hat die implizite Volatilität einen sehr großen Einfluss auf den Preis einer Option.
Das Modell kann nun nicht explizit nach der Volatilität umgestellt werden. Das heißt, dass die Volatilität nicht direkt mit dem Modell berechnet werden kann.
Dennoch spielt das Black-Scholes-Modell eine große Rolle bei der Bestimmung der impliziten Volatilität. Diese kann damit näherungsweise ermittelt werden. Dies funktioniert stark vereinfacht beschrieben wie folgt:
Die implizite Volatilität wird durch Rückwärtsrechnen aus dem Optionspreis ermittelt. Zunächst wird eine Schätzung der impliziten Volatilität vorgenommen, beispielsweise auf Basis der historischen Volatilität. Auf Basis dieser Schätzung verwendet der Broker ein Optionspreismodell (beispielsweise Black-Scholes), um den theoretischen Optionspreis zu berechnen. Der errechnete Optionspreis wird nun mit dem tatsächlichen Optionspreis an den Märkten verglichen. Dieser Vergleich dient als Basis für die nächste Iteration der Näherung.
Bei den nächsten Iterationen passt man die geschätzte implizite Volatilität (als Eingangsparameter im Black-Scholes-Modell) einige Male an, bis der theoretische Preis mit dem aktuellen Marktpreis der Option übereinstimmt. Dies entspricht nun dem Näherungswert für die implizite Volatilität.
Mehr zur impliziten Volatilität findest du im Wissensartikel hier.
In der Praxis werden Optionspreise rein durch Angebot und Nachfrage an den Terminbörsen gebildet. Im Sinne eines effizienten Marktes beachten die Marktteilnehmer dabei alle relevanten Einflussgrößen (z. B. anstehende Unternehmenskennzahlen, ihre persönliche Erwartungshaltung zu Schwankungen im Basiswert, …) und finden daraufhin einen „fairen Preis“.
Mit dem Black-Scholes-Modell wird hingegen ein mathematisch-theoretischer Preis der Option hergeleitet. Der mit dem Modell hergeleitete theoretische Optionspreis ist nun ein Indiz dafür, ob der aktuelle reale Marktpreis der Optionen fair ist oder vom theoretisch-mathematischen Wert abweicht. Anleger können diese Information nutzen, um potenziell unterbewertete Optionen zu finden.
Wie jedes Modell, basiert auch das Black-Scholes-Modell auf einigen vereinfachenden Annahmen, die allerdings teilweise erheblich von der Realität im Optionshandel abweichen. Diese Einschränkungen sind:
Im Black-Scholes-Modell wird unterstellt, dass Optionen nur zum Fälligkeitstermin ausgeübt werden können (sog. europäische Ausübungsart). In der Realität folgen die meisten Optionen jedoch der amerikanischen Ausübungsart – können also theoretisch zu jedem Zeitpunkt während der Laufzeit ausgeübt werden.
Das Modell geht davon aus, dass der Kurs des Basiswerts (z.B. Aktien) sich kontinuierlich verändert, was in der Realität nicht der Fall ist. Kursbewegungen sind in der Realität in aller Regel sprunghaft und unvorhersehbar.
Das Black-Scholes-Modell geht davon aus, dass die Volatilität des Basiswerts konstant ist. Dies ist wohl eine der wesentlichen Abweichungen zur Realität, in welcher sich die Volatilität ständig ändert und nicht vorhersehbar ist.
Im Modell gibt es einen risikofreien Zinssatz, der in seiner Höhe und für jegliche Laufzeiten konstant ist.
Im Modell werden keine Dividenden berücksichtigt, die während der Laufzeit der Option aus dem Basiswert gezahlt werden. In der Realität kann die Höhe und das Timing von Dividendenzahlungen den Wert einer Optionen beeinflussen.
Das Black-Scholes-Modell berücksichtigt keine Transaktionskosten und keine Steuern, die beim Handel mit Optionen in aller Regel anfallen. In der Realität können diese Kosten einen erheblichen Einfluss auf den Gewinn oder Verlust aus einer Optionsposition haben.
Das Black-Scholes-Modell geht davon aus, dass es keine Beschränkungen für den Handel mit Optionen gibt. Im Modell können Optionen somit uneingeschränkt leerverkauft werden, es gibt keine begrenzte Liquidität, keine Spreads und keine Möglichkeit zur Arbitrage.
Diese Vereinfachungen führen dazu, dass die Berechnungsergebnisse aus dem Black-Scholes-Modell nicht genau die Realität im Optionshandel widerspiegeln. Wenn du das Black-Scholes-Modell verwendest, um beispielsweise unterbewertete Optionen zu finden, musst du dir diese Einschränkungen bewusst machen.
Unserer Einschätzung nach ist es fraglich, ob eine sinnvolle Bewertung von zu hohen oder zu niedrigen Optionspreisen mit dem Modell zuverlässig gelingen kann. Insofern sehen wir die praktische Bedeutung des Modells darin, dass man damit andere sehr relevante Größen wie die Options-Griechen und die implizite Volatilität gut bestimmen kann.
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