Die Implizite Volatilität (IV) einer Option und ihre Auswirkungen

Inhaltsverzeichnis

Einführung: Implizite vs. historische Volatilität

Historische Volatilität

An der Börse gilt die Volatilität (Schwankungsbreite) als wichtigster Indikator für Risiken. Dabei gibt es einerseits die historische Volatilität sowie andererseits die Implizite Volatilität. Die gewöhnliche historische Volatilität (HV) ist ein vergangenheitsgerichteter Wert. Das heißt, sie wird auf Basis historischer Kursdaten ermittelt und beschreibt die Schwankungsbreite (in % als durchschnittliche Schwankung um den historischen Mittelwert) von bspw. einer Aktie oder einem Index. Sie ermöglicht dem Anleger somit eine Einschätzung, ob ein Wertpapier bisher eher stark oder wenig stark geschwankt ist.

Die folgende Abbildung zeigt die historische Volatilität am Beispiel der Pfizer Aktie. Oben ist der Kurs abgebildet, unten die HV im selben Zeitraum. Es ist leicht zu erkennen, dass die HV in Zeiten starker Kursschwankungen höher und in ruhigen Zeiten niedriger gewesen ist.

Implizite Volatiltät Pfizer

Implizite Volatilität

Die Implizite Volatilität (kurz: IV) ist hingegen zukunftsgerichtet und die wohl relevanteste Risikokennzahl im Optionshandel. Das heißt, sie drückt die zukünftig erwartete Schwankungsbreite des Basiswerts aus – genauer gesagt: die vom Markt während der verbleibenden Optionslaufzeit noch erwartete Schwankungsbreite. Sie bezieht sich daher auch in der Regel auf eine konkrete Option und wird ebenfalls in % ausgedrückt. 

Die Implizite Volatilität nimmt dementsprechend zukünftige Ereignisse, die noch innerhalb der Optionslaufzeit liegen, vorweg. Damit bewertet sie deren Auswirkung auf die Schwankungen des Basiswerts. Ein typisches Beispiel dafür ist die Veröffentlichung von Quartalszahlen. Denn dieses Ereignis sorgt regelmäßig für Schwankungen bei Aktienkursen: Liegt der Veröffentlichungstermin noch innerhalb der Optionslaufzeit, dann wird der Markt in der Regel steigende Schwankungen erwarten – bis die Zahlen publiziert sind. Nach der Veröffentlichung sind die Zahlen im Kurs des Basiswerts eingepreist. Das wiederum führt oftmals zu einer fallenden impliziten Volatilität. Denn die Veröffentlichung der Zahlen und die damit verbundenen Schwankungen liegen nun in der Vergangenheit. 

Die Implizite Volatilität in der Optionskette

Die Optionskette (hier am Beispiel der Adobe Aktie) zeigt die vom Markt aktuell erwartete und eingepreiste implizite Volatilität von Optionen mit verschiedener Fälligkeit. Im vorliegenden Beispiel hat Adobe am 15. Dezember 2022 Quartalszahlen gemeldet. Deren Veröffentlichung kann naturgemäß zu größeren Schwankungen im Aktienkurs führen, was vom Markt so auch erwartet wird. Abzulesen ist dies an der Impliziten Volatilität. Denn die Option, die vor Veröffentlichung verfällt (in der Optionskette: Verfall am 9. Dezember 2022), hat eine wesentlich geringere IV als die Option, in deren Laufzeit die Veröffentlichung der Quartalszahlen fällt (in der Optionskette: Verfall am 16. Dezember 2022).

Implizite Volatilität Adobde

Volatility Crush

Man nennt die plötzliche Abnahme der Impliziten Volatilität aufgrund vorher erwarteter und nun eingepreister Informationen auch Volatility Crush. Genau wie die historische Volatilität, ist die Implizite Volatilität zudem nicht direktional. Das heißt, sie gibt dementsprechend keine Hinweise darauf, in welche Richtung die erwarteten Schwankungen gehen könnten. Sie drückt lediglich die erwartete Breite der Schwankungen aus – egal, ob nach oben oder nach unten. Die Implizite Volatilität hat bspw. neben der Restlaufzeit und der Moneyness einer Option einen sehr großen Einfluss auf den aktuellen Optionspreis und ist daher eine sehr wichtige Kennzahl beim Optionshandel.

Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass eine hohe Implizite Volatilität ceteris paribus, das heißt bei sonst gleichbleibenden Bedingungen, zu tendenziell höheren Optionspreisen führt. Insofern kann eine abnehmende Volatilität zu fallenden Optionspreisen führen. Im Rahmen eines Volatility Crush kann so gelegentlich der verblüffende Effekt entstehen, dass eine Put-Option günstiger wird, obwohl der Basiswert nach den Quartalszahlen leicht gefallen ist. Das ist dann der Fall, wenn die plötzliche Abnahme der Impliziten Volatilität einen stärkeren Effekt auf den Optionspreis hat als die Kursbewegung im Basiswert.

IV-Rank

Zur Beurteilung der Impliziten Volatilität ist der IV-Rank eine sehr wichtige Kennzahl. Denn er gibt an, wie hoch die aktuelle Implizite Volatilität im Vergleich zur Impliziten Volatilität der letzten (in der Regel) 52 Wochen ist. Er gibt damit ein relatives Maß für die Implizite Volatilität an. Dementsprechend drückt er aus, ob die IV zum aktuellen Zeitpunkt relativ hoch oder relativ niedrig ist. Der niedrigste IV-Rank ist 0, der höchste ist 100.

Beispiel
Ein (52-week-)IV-Rank von 80 bedeutet, dass die aktuelle IV im Vergleich zu den letzten 52 Wochen auf Rang 80 (von 100) liegt, also relativ hoch ist. Für den Stillhalter einer Option könnte das günstig sein. Seine Optionsprämie ist bei einem hohen IV-Rank zum Verkaufszeitpunkt tendenziell höher. Geht man von abnehmender Volatilität über die Optionslaufzeit aus, dann kann er vom Wertverfall in der Option profitieren. Gegenteiliges gilt für den Optionsinhaber.

IV-Perzentil

Auch interessant ist das IV-Perzentil, das ebenfalls eine relative Einordnung der aktuellen IV im Vergleich zu den letzten (in der Regel) 52 Wochen bietet. Im Unterschied zum IV-Rank stellt das IV-Perzentil jedoch keine Momentaufnahme der Rangfolge dar, sondern drückt aus, wie häufig (wie viel % der Zeit) die IV unterhalb des aktuellen Niveaus lag. Somit kann über das IV-Perzentil beurteilt werden, ob der gegenwärtige IV-Rank im Betrachtungszeitraum häufig oder eher selten vorgekommen ist.

Beispiel
Ein (52-week-)IV-Perzentil von 90 % bedeutet, dass die IV zu 90 % der Zeit in den letzten 52 Wochen niedriger als heute gewesen ist. Das heißt, die aktuelle IV ist also ein im historischen Vergleich seltenes Ereignis.

Für Optionshändler kann es Sinn machen, vor dem Kauf oder Verkauf einer Option zu prüfen, wie hoch die aktuelle IV ist (IV-Rank) und wie selten dieses Ereignis ist (IV-Perzentil). Geht man von einer Rückkehr zu einer durchschnittlichen Volatilität aus („reverse to the mean“), kann eine „selten hohe“ Implizite Volatilität einen günstigen Verkaufszeitpunkt für Optionen darstellen. Denn diese schlägt sich oft in höheren Optionspreisen nieder. Umgekehrt kann die beschriebene Konstellation einen ungünstigen Kaufzeitpunkt darstellen.

Zwischenfazit

In der folgenden Abbildung ist erneut die Adobe Aktie dargestellt. Der dargestellte 52W-IV-Rank bedeutet, dass die aktuell vom Markt festgestellte IV (45,2 %) im historischen 52-Wochen-Vergleich auf Platz 61 (von 100) liegt – also im oberen Mittelfeld. Der Markt erwartet künftig eine dementsprechend eher hohe Schwankungsbreite. Das dargestellte 52W-IV-Perzentil bedeutet, dass diese IV in den letzten 52 Wochen zu 80 % der Zeit niedriger war. Die Datenlage deutet somit auf einen tendenziell günstigen Verkaufszeitpunkt hin – eine Information, die sich bspw. ein Händler der Wheel-Strategie zu Nutze machen kann.

IV Rank Percentile

Volatilitätsindizes (VIX)

Die Implizite Volatilität kann nicht nur für einzelne Basiswerte, sondern auch für ganze Märkte bestimmt werden. Man spricht in diesem Zusammenhang dann von Volatilitätsindizes. Der wohl bekannteste und relevanteste Volatilitätsindex ist der VIX. Er wird von der Chicago Board Options Exchange (CBOE), einer der bedeutendsten Optionsbörsen der Welt, bestimmt. Dabei drückt er die Implizite Volatilität des S&P 500 bezogen auf die kommenden 30 Tage aus. Durch die hohe Relevanz des S&P 500 für den globalen Aktienmarkt gilt der VIX als „Börsenbarometer“ und guter Indikator für die allgemein erwarteten Schwankungen am Markt.  Ein hoher VIX steht dementsprechend für aufgeregte Märkte – ein niedriger VIX für ruhige Märkte. Dabei ist es sogar möglich, Optionen auf den VIX selbst zu handeln. So können Anleger gezielt auf eine steigende oder fallende Volatilität setzen.

Die folgende Abbildung zeigt exemplarisch den Chart des VIX.

Implizite Volatilität VIX
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