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Optionen als strategisches Investment – Profi Trader Markus Lehleiter im Interview
Heute haben wir wieder ein spannendes Interview für euch vorbereitet. Dazu sprechen wir mit Investmentexperte Markus Lehleiter. Ein echter Profi im Bereich Optionshandel! Er gibt uns exklusive Einblicke in das Thema Optionen als Investmentstrategie, seine persönlichen Handelsstrategien, sein Risikomanagement und seine Ansichten zum Thema Absicherungen. Viele weitere spannende Einblicke und einiges an interessantem Know-how rund um den Optionshandel gibt es von Markus auch in seinem Buch „Optionen strategisch nutzen„.

Inhaltsverzeichnis
Einführung: Markus' Weg zum Optionshandel
David von ezzy: Herzlich willkommen hier bei ezzy! Heute habe ich Markus Lehleiter zu Gast. Ein echter Profi im Bereich Optionshandel! Natürlich gibt es auch ein passendes Buch dazu – dazu kommen wir später. Aber bevor ich zu viel verrate, Markus, stell dich doch bitte selbst vor!
Markus Lehleiter: Vielen Dank für die Einladung, David! Mein Name ist Markus Lehleiter. Ich war 20 Jahre lang im Finanzbereich tätig und bin seit letztem Jahr Vollzeit im Optionshandel unterwegs. Mittlerweile bin ich zwar wieder angestellt, beim House of Finance in Tech in Berlin, aber mein Engagement für den Optionshandel bleibt ungebrochen. Ich habe in der Vergangenheit im Asset Management gearbeitet und u. a. Zertifikate sowie strukturierte Produkte entwickelt.
Irgendwann wurde mir klar, dass sich viele dieser Konzepte auch für den privaten Anleger sinnvoll nutzen lassen. Daher habe ich schließlich mein Buch „Optionen strategisch nutzen“ geschrieben. Außerdem widme ich mich nach wie vor der Weiterentwicklung meines eigenen Handelsstils.
David von ezzy: Allen, die vielleicht schon ein bisschen Erfahrung mit Aktien und ETFs gesammelt haben und jetzt in den Optionsbereich einsteigen wollen, kann ich das Buch "Optionen strategisch nutzen" wirklich sehr empfehlen.
Warum Optionen als Investmentstrategie?
David von ezzy: Viele Anleger starten mit Aktien und ETFs. Optionen hingegen wirken für Einsteiger oft komplex und einschüchternd. Warum hast du dich für Optionen als Investmentstrategie entschieden? Welche Vorteile bieten Optionen vielen Anlegern, die aus deiner Sicht vielleicht nicht so bekannt sind?
Markus Lehleiter: Der wichtigste Punkt für mich ist das Risikomanagement. Wenn ich direkt in Aktien oder ETFs investiere, kann ich zwar maximal den Totalverlust erleiden, aber ich kann mein Risiko nicht weiter begrenzen. Mit Optionen als Investmentstrategie kann ich dagegen mein Absicherungsniveau individuell festlegen und mir mein eigenes strukturiertes Produkt zusammenstellen, das zu meinem Risikoprofil passt. Die Kernidee ist also zum einen die Flexibilität und zum anderen auch die Gewissheit, dass du dein Risiko begrenzen kannst.
David von ezzy: Interessant ist ja, dass vielen Anlegern, die strukturierte Produkte bei ihren Banken kaufen, gar nicht bewusst ist, dass sie da ein Optionskonstrukt kaufen. Das sind im Grunde genommen ja immer Kombinationen, in denen auch Optionen enthalten sind.
Markus Lehleiter: Genau, viele Anleger realisieren gar nicht, dass sie indirekt bereits Optionen als Investmentstrategie nutzen, wenn sie z. B. Garantiezertifikate oder Discountzertifikate von Banken erwerben. Der große Vorteil, wenn man selbst Optionen handelt ist aber: Man spart sich die Margen der Banken, erhält bessere Konditionen und kann die Optionen individueller gestalten.
Vergleich zwischen Zertifikatehandel über eine Bank und direktem Optionshandel an der Börse
Merkmal | Zertifikatehandel über eine Bank | Optionshandel an der Börse |
---|---|---|
Handelskosten | oft hohe Gebühren durch Bankmargen | geringere Kosten, da direkter Börsenhandel |
Flexibilität | begrenzte Auswahl an Produkten | individuelle Strategiegestaltung möglich |
Transparenz | Preise und Strukturen sind oft schwer nachvollziehbar | klare Preisgestaltung und transparente Kursstellung |
Emittentenrisiko | Risiko eines Ausfalls der Bank (z. B. bei Insolvenz) | kein Emittentenrisiko, da börsengehandelt |
Gewinnpotenzial | Einschränkung durch Produktkonstruktion | volle Partizipation an Marktbewegungen |
Absicherungsmöglichkeiten | kaum Anpassungsmöglichkeiten | flexible Absicherungsstrategien umsetzbar |
Investmentfonds und Optionen
David von ezzy: Mittlerweile gibt es mehr Investmentfonds als Aktien – trotzdem sieht man kaum Fonds, die auf Optionen basieren. Warum ist das so? Ein gut strukturiertes Produkt mit stabilen Erträgen müsste sich doch gut verkaufen, oder?
Markus Lehleiter: Ja, das ist eine gute Frage. Tatsächlich gab es in der Vergangenheit mehr strukturierte Fonds, die Optionen verwendet haben. Ich habe früher als Produktmanager in einer Asset-Management-Gesellschaft gearbeitet. Um 2005/2006 gab es einen Boom für strukturierte Produkte und Zertifikate. Wir haben damals Fonds mit mehreren Milliarden Euro Volumen aufgesetzt.
Dann kam 2007/2008 die Finanzkrise und mit ihr die Lehman-Pleite. Das hat den Zertifikatemarkt nahezu zerstört. Viele Anleger haben danach mehr auf das Emittentenrisiko geachtet, weil bei Zertifikaten ein Ausfallrisiko der Bank besteht. Daher sind Fonds, die auf Optionen basieren, fast komplett verschwunden.
Ein weiteres Problem ist die Beratung. Fonds müssen massentauglich sein. Optionen als Investmentstrategie gelten als erklärungsbedürftig, und viele Finanzberater haben nicht die Zeit und das Wissen, um sie Kunden näherzubringen. Stattdessen verkaufen Banken lieber einfache Produkte mit hohen Verwaltungsgebühren. Dabei könnten Privatanleger durch den direkten Handel mit Optionen viel Geld sparen und sich genau die Strategien bauen, die sie wirklich brauchen.
David von ezzy: Warum, denkst du, gibt es dann in den USA viel mehr optionenbasierte Fonds als in Europa?
Markus Lehleiter: In den USA ist die Akzeptanz für den Optionshandel viel größer. Dort gibt es schon lange Covered-Call-ETFs und andere Fonds, die gezielt mit Optionen als Investmentstrategie arbeiten. Privatanleger sind dort besser über diese Produkte informiert. In Europa fehlt es oft an Aufklärung, und der Vertrieb über Banken macht es für innovative Produkte schwerer.
David von ezzy: Das heißt, wer sich mit Optionen als strategisches Investment auseinandersetzt, kann sich eigentlich selbst ein Produkt nach seinen individuellen Bedürfnissen zusammenbauen?
Markus Lehleiter: Genau! Das ist ja auch der große Vorteil des direkten Handels mit Optionen: Man kann gezielt Strategien wählen, die zur eigenen Risikotoleranz und Renditeerwartung passen. Außerdem spart man sich die Managementgebühren, die bei Fonds anfallen. Wer die Mechanismen versteht, hat mit Optionen ein mächtiges Werkzeug, das oft unterschätzt wird.
Handelsstrategien und Praxistipps
David von ezzy: Du bist jemand, der sowohl auf institutioneller als auch privater Ebene mit Optionen arbeitet. Kannst du uns einen Einblick geben, wie dein persönlicher Handel aussieht? Was sind deine "Brot- und Butterstrategien"? Welche Strategien nutzt du am häufigsten?
- Short Puts und Bull Put Spreads – entweder als Stillhaltergeschäfte oder abgesichert mit einem Long Put. Diese Strategien ermöglichen es mir, Prämien zu kassieren und gleichzeitig mein Risiko durch ein begrenztes Verlustpotenzial zu managen.
- Earnings-Strategien – Ich setze oft auf den Volatilitätsrückgang nach Quartalszahlen. Vor Earnings steigen oft die impliziten Volatilitäten an, wodurch sich Prämien besonders gut verkaufen lassen. Nach der Zahlenveröffentlichung fällt die Volatilität häufig stark ab, was sich positiv auf meine Positionen auswirkt.
- Opportunistische Trades – Dazu gehören z. B. Calendar Spreads oder Reaktionen auf Übertreibungen nach Earnings. Ich prüfe dabei gezielt Aktien, die signifikant unter ihrem Fair Value liegen, wobei ich mich oft auf die Bewertungen von Morningstar verlasse.

Abb. 1) Beispiel eines Earnings-Trades mit Volatilitätssrückgang
David von ezzy: Wie wählst du deine Trades in der Earnings-Season aus?
Markus Lehleiter: Ich filtere gezielt Aktien, die signifikant unter ihrem Fair Value liegen. Dabei verlasse ich mich oft auf die Bewertungen von Morningstar und prüfe zusätzlich die Bilanzqualität der Unternehmen. Ich fokussiere mich hauptsächlich auf Aktien mit einer stabilen Historie bei den Quartalsergebnissen und analysiere, wie hoch das Überraschungspotenzial ist.
David von ezzy: Und wie behältst du das alles im Blick? Gerade während der Earnings-Season kann das ja recht viel Arbeit sein.
Markus Lehleiter: Ich versuche, den Prozess so effizient wie möglich zu gestalten. Ich prüfe maximal 5 bis 10 Titel pro Tag, da ich meinen Auswahlprozess über die letzten Jahre optimiert habe. Ich handle außerdem meist in der letzten Handelsstunde vor der Earnings-Veröffentlichung, um Überraschungen zu vermeiden. Zusätzlich nutze ich KI-Tools, um meine Analysen zu unterstützen und meine Trades an meine Handelsstrategie anzupassen.
Absicherung gegen extreme Marktereignisse
David von ezzy: Viele Anleger fragen sich, wie sie sich gegen plötzliche Markteinbrüche absichern können. Welche Strategien setzt du dafür ein?
- Ratio Spreads auf den VIX sind relativ kosteneffizient, solange man sie etwa 30 Tage vor Verfall rollt und sie nicht tief ins Geld laufen. Sie kosten wenig, bieten aber im Fall eines starken Volatilitätsanstiegs eine effektive Absicherung.
- Langfristige Out-of-the-Money Puts: Ich kaufe gezielt Puts out of the money, wenn die Volatilität niedrig ist. Dadurch sind die Kosten gering, aber ich habe dennoch eine gute Absicherung gegen größere Marktrückgänge.
- Dynamisches Hedging: Ich realisiere Gewinne, wenn sich meine Absicherungen ins Geld bewegen, und baue dann neue Positionen auf, um flexibel zu bleiben.
David von ezzy: Das klingt nach einem durchdachten Ansatz. Wie weit out of the money gehst du mit deinen Puts?
Markus Lehleiter: Ich gehe meist in den Delta-16-Bereich, manchmal etwas tiefer, wenn die Volatilität gerade niedrig ist. Der Vorteil ist, dass ich so einen effektiven Schutz aufbauen kann, ohne dabei zu hohe Prämien zu zahlen. Ich verkaufe diese Puts auch gelegentlich wieder, wenn sie sich gut entwickelt haben, und baue dann eine neue Absicherungsposition auf.
David von ezzy: Also setzt du deine Hedges nicht dauerhaft, sondern je nach Marktlage ein?
Markus Lehleiter: Genau. Ich bin kein Fan davon, durchgehend hohe Kosten für eine Absicherung zu zahlen. Ich baue sie gezielt auf, wenn die Volatilität niedrig ist, um günstige Preise zu bekommen. Falls es dann zu einem starken Rückgang kommt, profitiere ich doppelt: zum einen durch meine kurzfristigen Optionen, zum anderen durch die Absicherungen, die dann deutlich an Wert gewinnen.
David von ezzy: Das ist ein interessanter Ansatz. Es ist ja ähnlich wie bei Versicherungen – man hofft, sie nicht zu brauchen, aber wenn doch, ist es gut, eine zu haben.
Markus Lehleiter: Genau, so sehe ich das auch. Ich denke, dass es langfristig sinnvoll ist, sich gegen große Risiken abzusichern, aber eben mit Augenmaß und nicht um jeden Preis.

Fazit: Optionen als Investmentstrategie
David von ezzy: Noch eine letzte technische Frage, bevor wir das Gespräch abschließen: Oft wird fälschlicherweise behauptet, dass der Zeitwertverfall bei Optionen immer am Ende der Laufzeit besonders stark ist. Was sagst du dazu?
Markus Lehleiter: Ja, viele zeigen diesen typischen Chart, bei dem der Zeitwertverfall erst in den letzten Wochen stark ansteigt. Aber das gilt vor allem für At-the-money-Optionen. Out-of-the-money-Optionen haben hingegen oft einen eher linearen Zeitwertverfall. Das kann man sich zunutze machen, wenn man länger laufende Optionen handelt.
David von ezzy: Für Einsteiger bedeutet das also: Es wichtig, zwischen At-the-money- und Out-of-the-money-Optionen zu unterscheiden.
Markus Lehleiter: Genau! Ich habe das auch in meinem Buch erklärt, wo man sieht, dass der Zeitwertverfall unterschiedlich verläuft. Je weiter die Option aus dem Geld liegt, desto früher setzt der Zeitwertverfall ein, aber dafür ist er über die gesamte Laufzeit konstanter.
David von ezzy: Absolut! Ich denke, unser Interview hat gezeigt, dass der Optionshandel keine Spekulation ist, sondern gezielt eingesetzt werden kann. Vielen Dank für deine Zeit, Markus!
Wir bedanken uns herzlich bei Markus für dieses spannende Interview. Wir hoffen, dass unsere Leser genauso viel von diesen Gesprächen profitieren wie wir und freuen uns auf weitere inspirierende Begegnungen mit Experten aus verschiedenen Bereichen.
Hinweis: Das Interview wurde von unserem YouTube-Kanal für die Website in gekürzter Form aufbereitet.
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Tina
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